Die TelefonSeelsorge Deutschland legt die endgültigen Auswertungen ihrer Jahresstatistik 2020 vor. Es gab gegenüber 2019 erkennbare Verschiebungen, die sich mit der Pandemie-Situation erklären lassen. Auffällig ist die deutliche Steigerung der Beratungskontakte per Mail und Chat. Unter den benannten Themen ist Einsamkeit der Spitzenreiter. Auch beim Thema Suizidalität gab es – entgegen bisheriger Erkenntnisse – eine Steigerung.
„Die Endauswertung hat auch bei uns noch einmal für Überraschungen gesorgt“, sagt Ludger Storch. Der Diplom-Theologe ist Leiter der TelefonSeelsorge Bochum und zugleich Vorsitzender der Arbeitsgruppe Statistik. So liegt die Steigerung bei den eingegangenen Anrufen bei fünf, bei den tatsächlich geführten Beratungsgesprächen am Telefon sogar bei rund zehn Prozent. Weitaus höher ist die Zunahme bei den Mailkontakten mit rund 28 Prozent. Spitzenreiter ist das Chat-Angebot, das eine Steigerung von über 70 Prozent erfuhr.
„Diese Steigerungen bei den Online-Angeboten sind auch deshalb interessant, weil wir hier überwiegend die Jüngeren erreichen“, erläutert Ludger Storch. „Dass die 15- bis 39-Jährigen 2020 vermehrt Unterstützung gesucht haben, deckt sich mit zuletzt immer wieder von Psychologinnen und Psychologen zu hörenden Aussagen, dass gerade die Jüngeren verstärkt unter den Restriktionen durch die Pandemie leiden.“
Steigerungen auch bei den besprochenen Themen
Spitzenreiter unter den von den Anrufenden angesprochenen Themen bleibt am Telefon die Einsamkeit, gefolgt von den Themen Krankheit und Depressionen. Bei Mail und Chat stehen die Themen Depressionen und Ängste an vorderster Stelle.
„Dass die Einsamkeit am Telefon den größten Raum einnimmt, ist nicht verwunderlich“, so Ludger Storch. „Über die Hälfte unserer Telefon-Kontakte ist 50 Jahre und älter, umfasst also einen großen Teil derjenigen, die sich durch die Pandemie in ihren Sozialkontakten besonders einschränken mussten.“
Im Vergleich zu 2019 erfuhr das Thema eine Steigerung um rund 27 Prozent. Aber auch bei den jüngeren Anrufenden wird Einsamkeit häufig genannt und zeigt sich damit als Thema, das jedes Alter betreffen kann.
Die Statistiken von TelefonSeelsorge zeigen, dass sich bei den Themen an sich nichts Wesentliches geändert hat – sieht man von der Nennung des Themas Corona ab, das durch die Pandemie erst entstanden ist. Verschärft hat sich aber für viele Menschen die Dringlichkeit ihrer Probleme und daraus resultierend ein erhöhter Beratungsbedarf und der Wunsch nach emotionaler Unterstützung.
Änderungen beim Thema Suizidalität
„Die deutlichste Veränderung gegenüber unseren Erkenntnissen im Jahresverlauf 2020 haben wir bei der Endauswertung zum Thema Suizidalität erlebt“, berichtet Ludger Storch. „Wir sind bisher davon ausgegangen, dass es keine signifikant höhere Zahl von Gesprächen mit Menschen gab, die von Suizidgedanken gequält werden oder durch die Suizidalität eines Menschen im eigenen Umfeld betroffen sind. Aus den endgültigen Zahlen ergibt sich aber, dass solche Gespräche um 17 Prozent zugenommen haben.“
Es lässt sich festhalten, dass TelefonSeelsorge 2020 für suizidgefährdete Menschen oder Menschen, die mit dem Thema in ihrem Umfeld konfrontiert sind, eine wichtige Anlaufstelle für Entlastung und Beistand darstellte. „Damit erfüllen wir eine unserer Hauptaufgaben“, so noch einmal Ludger Storch. „TelefonSeelsorge wurde als Suizidpräventions-Einrichtung gegründet. Das ist unser wichtigster Auftrag und wir sind froh über jeden, der in einer existenziellen Krise bei uns Unterstützung sucht. Und eines sei an dieser Stelle noch einmal betont: Wir können keinerlei statistische Aussagen zur Höhe der Suizidrate machen. Ob und wie viele der Menschen, die im Kontakt mit uns dieses Thema ansprechen, sich tatsächlich das Leben nehmen, wissen wir nicht.“
Hier geht es zu unseren aktuellen Statistiken auf der Bundesseite der TelefonSeelsorge.