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Lesung und Gespräch

Judith Kuckart

 

wurde 1959 geboren und ist am Rande des Ruhrgebiets aufgewachsen.

Sie studierte Literatur- und Theaterwissenschaften in Berlin und absolvierte

nach dem Magisterinnen-Examen eine Tanzausbildung an

der Folkwang-Schule in Essen. Nach vielen Projekten als Tänzerin und

Choreographin arbeitet sie heute vornehmlich als Schriftstellerin und

Regisseurin. Über 50 Bücher, Theaterstücke und Hörspiele hat sie

inzwischen geschrieben und wurde dafür vielfach ausgezeichnet.

‚DER SPIEGEL‘ charakterisierte ihr Werk einmal so: „Judith Kuckart ist

eine Meisterin darin, Wahrheiten unter die Oberfläche zu weben und

mit großer Wärme von schwachen Momenten und von schwachen

Menschen zu erzählen.“

 

Café der Unsichtbaren

 

Wahrlich meisterhaft erzählt Judith Kuckart in diesem Werk aus dem

Jahr 2022 von sieben sehr unterschiedlichen Mitarbeitenden beim

Berliner „Sorgentelefon e. V.“ (zu denen sie selbst übrigens auch über

Jahre gehörte). Sie haben auf den ersten Blick alle genug mit sich

selbst zu tun und sind weit davon entfernt, Anderen von oben herab

kluge Ratschläge zu geben – und doch oder gerade deshalb können

sie Mitmenschen in Notsituationen ein ganz wichtiges Gegenüber sein,

wenn diese ihre Sorgen mit ihnen teilen. So erleben sie immer wieder,

dass Zuhören den Anrufenden etwa in einer schlaflosen Nacht das

Gefühl von Ausweglosigkeit nehmen kann, und im Zuhören auch

eigene Lebenserfahrungen einen unerwarteten Sinn bekommen …

Davon können auch die mehr als 80 ehrenamtlichen Mitarbeitenden

der ‚TelefonSeelsorge Ostwestfalen‘ eine Menge erzählen, aber wir

freuen uns sehr, jetzt einmal Judith Kuckart zuhören zu dürfen, und

laden sehr herzlich zu diesen beiden Veranstaltungen mit ihr ein!

 

Zur Kostendeckung erbitten wir an beiden Abenden am Einlass einen

Beitrag von 8,00 € pro Person – von Schüler*innen, Auszubildenden,

Studierenden, Menschen mit schweren Behinderungen und Erwerbslosen

einen Betrag von 5,00 €.

Hartmut Birkelbach benötigte ein Sabbatjahr, ehe er 15 Monate nach seiner Pensionierung das Amt des Vorsitzenden des Förderkreises der TelefonSeelsorge OW in Bad Oeynhausen annahm. „Ich brauchte diese Zäsur, um die Ideen für die Gestaltung meines neuen Lebensabschnitts zu sammeln und zu ordnen“, sagt Birkelbach. Der 67-Jährige war zuvor 16 Jahre als Kulturpfarrer im Evangelischen Kirchenkreis Vlotho tätig. Eine 16-jährige Tätigkeit als Gemeindepfarrer in Minden sowie ein Engagement als Notfallseelsorger runden sein berufliches Leben ab.

Überregionale Anerkennung gewann Birkelbach mit seinem Projekt Kirche und Kultur (KuK). Ziemlich genau 500 Veranstaltungen (Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Theaterabende und viele andere Formate) hat er als Förderer für das Miteinander zwischen Kirche und Kultur auf die Beine gestellt.

Am 2. März 2023 wurde Birkelbach von der Mitgliederversammlung zum Nachfolger der Interimsvorsitzenden Sylvia Kahl für zwei Jahre zum Vorsitzenden des Fördervereins der TelefonSeelsorge Ostwestfalen e. V. gewählt. Birkelbach sieht sich in seinem neuen Betätigungsfeld nicht als der große Matador, der die TS aufmischt. „Die Ehrenamtlichen sind für mich vielmehr die eigentlichen Macher“, sagt Birkelbach. Er wolle als Markenbotschafter ein wenig mithelfen, aktiv die Ziele der TelefonSeelsorge Ostwestfalen umzusetzen und die Arbeit der TS noch stärker in Richtung Öffentlichkeit zu kommunizieren. „Ich möchte das Anliegen der TS bewusster machen“, sagt Birkelbach. „Jeder kann anonym anrufen – ohne Hürden überspringen zu müssen. Auch Chattermine können wahrgenommen werden“, beschreibt er die Idee und Vorzüge der TS.

30 Mitglieder gehören aktuell dem Förderkreis der TelefonSeelsorge Ostwestfalen an, die durch Spenden beispielsweise Fortbildungsmaßnahmen für die 80 ehrenamtlich Tätigen in Bad Oeynhausen ermöglichen. Birkelbach: „Es wäre schön, wenn wir noch mehr Fördermitglieder gewinnen würden.“

Text und Foto: „Huck“

Einsam zu Weihnachten

Nun rücken die Feiertage näher. Weihnachten gilt als Fest der Familie. Aber nicht jeder hat Familie oder kann sie über die Feiertage besuchen. Manche sind allein. Viele Menschen leben unter uns und neben uns ein eingeschränktes Leben. Es gibt für sie niemanden, mit dem sie sich austauschen, mit dem sie reden können.

Einsame Menschen, die sich an die Telefonseelsorge wenden, äußern sich in diesen Tagen z. B. so:

„Wissen Sie, Sie sind heute der erste Mensch, mit dem ich spreche.“
„Manchmal bin ich so einsam, dass es schon weh tut.“
„Ich möchte nur ein bisschen reden/schreiben, damit ich das Gefühl habe, nicht allein auf der Welt zu sein.“
„Zu Weihnachten ist es für mich besonders schlimm, weil ich dann so richtig spüre, wie allein ich bin.“
„Wenn die Feiertage nur endlich vorbei wären, dann geht’s mir wieder besser.“

Die Weihnachtsfeiertage können für manche Ratsuchende eine zusätzliche Belastung sein, weil sie ihre Einsamkeit an diesen Tagen besonders schmerzlich spüren. Da ist es verständlich, dass sogar das Ende der Festtage herbeigesehnt wird, damit der gewohnte Alltag mit seinen Aktivitäten wieder einziehen kann.

Manchmal hilft es, zu überlegen, wie die Feiertage gestaltet werden können: Vielleicht mal einen Bekannten einladen, der auch allein ist. Etwas Leckeres kochen. Oder schöne Musik hören. Oder sogar selbst singen in der Christvesper. Bei manchen verwandelt sich dann etwas. Ideen kommen. Zweifel, Ängste und Sehnsucht, all das wird nicht einfach weggewischt. Aber etwas anderes kann dazu kommen, ein kleiner Hoffnungsfunke. Eine Ahnung, dass die Feiertage auch gut werden können.

Ein Gespräch oder auch ein Chat kann dazu beitragen, dass Menschen sich weniger einsam fühlen. Daher steht die TelefonSeelsorge Ostwestfalen auch rund um die Feiertage verlässlich zur Verfügung.

„Frieden, Frieden und noch einmal Frieden“

Dorothea Goudefroy (52) ist seit dem 1. Februar 2021 neue Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Vlotho. Die gebürtige Essenerin war zuvor seit 2010 Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Menden mit den Schwerpunkten Kirchenmusik und Ökumene. Mit Dorothea Goudefroy sprach Jörg Fritz.

Frau Goudefroy, wie empfinden Sie die Weihnachtszeit 2022?

Dorothea Goudefroy: Gemischt. Es ist eine seltsame Zeit. Ich freue mich sehr auf die Weihnachts-Gottesdienste, auf das Singen von O du fröhliche. Auf der anderen Seite klingt Corona noch nach. Die Menschen sind zögerlich, sich zu treffen. Der Krieg in der Ukraine und die Folgen, die wir hierin stark abgemilderter Form spüren, beschäftigen mich wie alle anderen Menschen auch. Weihnachten ist aber ein trotziges Fest. Es ist still und leise. Unscheinbar mit der Geburt in Bethlehem, verändert aber die gesamte Welt. Das wünsche ich mir für dieses Jahr ganz besonders.

Finden Sie derzeit Besinnung, oder sind Sie wie viele Andereeine Gefangene des Lebens und des Schaffens?

Goudefroy: Eine Gefangene bin ich nicht. Im Moment schreibe ich sehr viele Weihnachtskarten. Das bindet natürlich Zeit, auf der anderen Seite ist es aber eine besinnliche Vorbereitung auf das Fest. Ich habe die Menschen vor Augen, denen ich schreibe. Und das ist etwas Schönes.

Was sagen Sie Menschen, die aufgrund diverser Krisen an Gott und der Gerechtigkeit zweifeln?

Goudefroy: Ich kann die Zweifel verstehen und ich glaube, dass Gott sie aushält. Ich hoffe, dass ihn das nicht kalt lässt. Die Geburt Jesu hat ja auch in einer Zeit stattgefunden, in der die römische Besatzung bestimmt nicht nett war zu den Menschen. In eine solche Welt kommt Gott hinein und sagt, ich halte das mit euch aus. Ich bin bei euch. 

Wie werden Sie Weihnachten verbringen? Müssen Sie arbeiten?

Goudefroy: Ja, ich darf zwei Weihnachtsgottesdienste in der St. Stephans-Kirche in Vlotho halten. Darauf freue ich mich sehr. Zwischen der Christvesper um 17 Uhr und der Christmette um 23 Uhr schmücke ich traditionell meinen Weihnachtsbaum. Danach ist an den Feiertagen die Verwandtschaft dran.

Steht der Inhalt der Predigt schon?

Goudefroy: Der Text ist noch nicht geschrieben. Aber es wird um Weihnachten gehen!

Sie sind seit fast zwei Jahren in Ostwestfalen. Wie erleben Sie die Bevölkerung? 

Goudefroy: Wenn ich viel dazu sage, habe ich eigentlich nicht Ostwestfalen beschrieben. Sie reden nicht sehr viel, sind aber ehrlich, bodenständig und sehr treu in ihrem Glauben und ihrer Kirchenverbundenheit.

Sie sind Chefin eines großen Kirchen-Apparates. Nennen Sie doch bitte einige statistische Zahlen zur besseren Einordnung.

Goudefroy: Wir haben 48.000 Gemeindeglieder imEvangelischen Kirchenkreis Vlotho. Ab dem 1. Januar 2023haben wir nur noch elf Gemeinden, weil sich einige Gemeinden zusammenschließen. Gut 30 Pfarrer und Pfarrerinnen sind im Kirchenkreis tätig. Dazu kommen Mitarbeitende in der Verwaltung, dem Jugendreferat und den Kitas. Und natürlich viele ehrenamtlich Engagierte, wie auch die in der Telefonseelsorge.

Man sagt in der Regel, neue Besen kehren gut. Welche Innovationen haben Sie eingeführt?

Goudefroy: Ich beschreibe mich nicht so, dass ich unbedingt sofort alles anders machen muss. Ich habe einen Kirchenkreis vorgefunden, der gut aufgestellt ist. Wir können einen Schritt nach dem anderen in die Zukunft gehen. Der Zusammenschluss von Kirchengemeinden ist ein wichtiger Punkt. Viele Pensionierungen von Pfarrerinnen und Pfarrern stehen an. Die müssen gut vorbereitet sein. Über Gespräche und Wahrnehmungen vor Ort mache ich mir ein Bild. Dann versuche ich zu verstehen, entwickle eine Idee und frage, was die Menschen vor Ort davon halten. Die Leitungsgremien müssen dann entscheiden, was sie gebrauchen können, was für sie passt. Sie können sich darauf verlassen, dass ich hinter ihren Entscheidungen stehe!

Welche Bedeutung hat für Sie die Telefonseelsorge?

Goudefroy: Sie ist sehr wichtig, weil sie ein Angebot ist, für das ich nur eine Telefonnummer wählen muss. Die Anrufer*innen können dort sagen, ich kann nicht mehr. Dasind Menschen, die 24 Stunden am Tag verlässlich ehrenamtlich tätig sind und zuhören und zur Seite stehen. Das ist ein unglaublich wichtiges Angebot. Es steht allen offen und ist konfessionell nicht gebunden. Ich bin gerne Mitglied im Kuratorium der Telefonseelsorge und setze mich mit allen Kräften dafür ein, dass die Arbeit gut weitergeht.

Auf der 13. Synode der EKD in Magdeburg wurde ein freiwilliges Tempolimit beschlossen, um einen Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Halten Sie sich daran?

Goudefroy: Es ist ein sehr ernst gemeinter Beschluss und eine Frage an mein eigenes Verhalten. Ich finde gut, dass sie gestellt wird. Der Beschluss ist für mich nicht bindend, da ich nicht bei der EKD arbeite. Aber wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, frage ich mich, ob es nicht sinnvoller ist, statt 120 km/h auf der Autobahn nur 100 km/h zu fahren. Man kommt zwar einige Minuten später ans Ziel, hat aber was Gutes für die Umwelt getan.

Wie stehen Sie als Kirchenvertreterin zu den Aktionen der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“?

Goudefroy: Zuerst einmal finde ich es wichtig, dass unterschiedliche Meinungen miteinander ins Gespräch kommen. Bei den Aktionen sind für mich aber deutlicheGrenzen. Sachbeschädigungen fremden Eigentums gehen gar nicht. Ich finde den Einsatz der Menschen dieser Organisation dennoch beeindruckend in der Konsequenz und dem unbedingten Willen, wach zu rütteln. Solche Stimmen brauchen wir. Sie sind unbequem, wie es einst Propheten waren. Als Fragensteller und Hinweiser in dieser prophetischen Dimension finde ich wichtig, was sie tun, ohne aber die Methoden gut zu heißen.

Welche Wünsche haben Sie für 2023?

Goudefroy: Frieden, Frieden und noch einmal Frieden. In der Ukraine und all den Orten in dieser Welt, die wir momentan nicht sehen, weil uns die Ukraine gerade so beschäftigt. Dazu zähle ich auch, dass Menschen auf ihrem eigenen Land leben können, ohne dass Großkonzerne sich den Besitz unter den Nagel reißen. Dass Menschen ohne Angst vor Waffengewalt leben können. Dass Menschen es schaffen, mit ihrem direkten Nachbarn hinter dem Gartenzaun in Frieden zu leben.

Ich bedanke mich für das Gespräch.

 SUIZIDPRÄVENTION
– eine Kernkompetenz der TelefonSeelsorge
 

 

pdf_essay
von
Rosemarie
Schettler

 „Reif für die Insel“
 

 

Manchmal kann der Alltag ganz schön herausfordernd sein: Der Beruf fordert, die Familie will versorgt sein und dass bisschen Haushalt macht sich meist auch nicht von allein. Oft bleibt für Freizeit und Erholung wenig Zeit. „Ich bin reif für die Insel“, höre ich dann manchmal. „Ich brauche dringend eine Pause.“ Aber kann ein zweiwöchiger Urlaub die Erschöpfung auffangen? Kurzfristig vielleicht – wenn ich im Urlaub wirklich abschalten kann.

Notwendig ist es auch zu überlegen, was im Alltag veränderbar ist. Dafür lässt sich der Urlaub vielleicht gut nutzen.
„Ich bin reif für die Insel“, kann ja auch heißen, vieles ist irgendwie uferlos geworden. Zu hohe Anforderungen, nie das Gefühl fertig zu sein. Es ist irgendwie alles zu viel. Auf einer kleinen Insel zu sein, bedeutet, ich habe einen gewissen Überblick und meine Möglichkeiten dort halten sich in Grenzen. Ich vermute, viele Menschen sehnen sich insgeheim nach einem überschaubareren Leben. Aber unsere Zeit bringt schnellen, fortwährenden Wandel mit. Zwischen zahlreichen Möglichkeiten müssen wir jonglieren.

„Inseln im Alltag“ zu schaffen, kann helfen. Zeiten, in denen wir mal nur bei uns selbst sein können, tun, was uns Freude macht.
Das kann ein Kurzurlaub sein oder auch ein freier Tag. Da kann ich überlegen, was ist mir zu viel, was kann ich lassen, wo muss ich nicht unbedingt mithalten. Und auch, wo muss ich mir helfen lassen.

Manche Menschen versäumen, sich solche Inseln zu schaffen. Die Fehltage aufgrund psychischer Leiden wie Erschöpfung, Überforderung und Anpassungsstörungen nehmen zu, so ist es immer wieder mal zu lesen. Deshalb muss ich mich selbst schützen. Besonders wenn ich merke, dass ich icht mehr richtig abschalten kann.

Zu allen Zeiten haben Menschen Ruheinseln gebraucht. So berichtet schon der Evangelist Markus, dass Jesus nach einem anstrengenden Tag zu seinen Jüngern gesagt hat: „Geht ihr allein an eine einsame Stätte und ruht ein wenig. Denn es waren viele, die kamen und gingen, und sie hatten nicht Zeit genug zum Essen. Und sie fuhren in einem Boot an eine einsame Stätte für sich allein.“

 „Momente, die dem Himmel gehören“
 

 

Lesung und Musik mit Tina Willms und Jan-Lukas Willms

 

Auf Einladung der TelefonSeelsorge Ostwestfalen war die Hamelner Theologin und Autorin am 24. April in der Auferstehungskirche in Bad Oeynhausen zu Gast.

Endlich konnte Pfarrerin Petra Ottensmeyer zahlreiche ZuhörerInnen zu der schon vor zwei Jahren geplanten Lesung begrüßen. Mit ihrer poetischen, oft eindringlichen Sprache begibt sich die Autorin immer wieder auf „religiöse Erkundungen der Wirklichkeit“. So regte sie die Anwesenden mit ihren Geschichten und Gedichten an, besonderen Momenten im Alltag nachzuspüren.

Einfühlsam erzählt sie z. B. von der besonderen Zuwendung eines alten, dementen Mannes zu seinem Sohn, in dem er ganz konzentriert seine Hände wärmt. Ein Moment, der diesen lange begleitet. Die Autorin hat eine achtsame Wahrnehmung solcher, besonderen Momente, die dem Himmel gehören. Dabei wird auch das Dunkle, Schwere nicht verschwiegen.

Jan-Lukas Willms nimmt die Texte in seiner Musik am Klavier und auf der Klarinette auf, mal erklingen leichtfüßige, fröhliche Melodien, mal nachdenkliche, so dass die gehörten Texte nachklingen können.

Mit einem Segenswort schließt die gelungene Konzert-Lesung.

TelefonSeelsorge Deutschland e.V.

 

 

TelefonSeelsorge Deutschland e.V. (TSD) ist nun auch offiziell der Name des Dachverbandes der TelefonSeelsorge. Die Änderungen von Namen und Satzung wurden Ende Januar vom Vereinsregister bestätigt. Damit hat TelefonSeelsorge jetzt einen ökumenischen Dachverband. Bisher wurde die Verbandsebene von der Evangelisch-katholischen Kommission geleitet, beide Kirchen hielten eine jeweils eigene Struktur für TelefonSeelsorge und Offene Tür vor.

„Wir freuen uns sehr, dass damit der formaljuristische Teil unserer Umstrukturierung abgeschlossen ist“, betonen die Vorsitzenden von TSD, Pfarrer Frank Ertel und Dipl.-Theol. Michael Hillenkamp. „Wir schaffen damit klare Strukturen und Transparenz nach außen und innen und erhöhen unsere Effizienz. Es geht aber um mehr. Mit der jetzt abgeschlossenen Neuaufstellung spiegelt die Struktur des Vereins wider, was bei TelefonSeelsorge längst gelebte Haltung ist: unsere ökumenische Zusammenarbeit.“

Dass mit diesem Schritt der Schaffung eines ökumenischen TelefonSeelsorge-Verbandes der ökumenische Gedanke in den Kirchen insgesamt gestärkt wird, betonten Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik Diakonie Deutschland und Dr. Ralph Poirel, Leiter des Bereichs Pastoral im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Beide waren als Gäste zur erweiterten Vorstandssitzung von TSD geladen und beglückwünschten den Verband im Namen ihrer Institutionen.

„Indem Sie Ökumene nicht nur zu Ihrer Haltung machen, sondern auch zu Ihrer Struktur, schauen Sie auf das, was Sie alle in Ihrer Arbeit verbindet“, so Maria Loheide. „Und das grundlegend Verbindende ist es, als Teil von Kirche deren diakonischen und pastoralen Grundauftrag erfüllen zu helfen.“ Es freue sie sehr, dass TSD sich dafür entschieden hat, als ökumenischer Verein ein Fachverband der Diakonie zu bleiben. (Das Foto zeigt Maria Loheide, Quelle: Diakonie Deutschland.)

Dr. Ralph Poirel betonte die Tragweite der Neuaufstellung so: „Das hat es so zwischen den beiden Kirchen noch nicht gegeben. Es ist ein Schritt, den Sie ermöglicht haben, indem Sie im entscheidenden Augenblick ein Stück mehr Vertrauen als Bedenken an den Tag gelegt haben.“ Diese Haltung stehe allen gut zu Gesicht, die sich in ihrer Arbeit vom Geist Jesu Christi getragen wüssten. (Das Foto zeigt Dr. Ralph Poirel, Quelle: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.)

Der erweiterte Vorstand nahm die Glückwünsche im Namen aller Mitglieder von TSD entgegen. Die klaren und wertschätzenden Worte seien eine Ermutigung, den eingeschlagenen Weg weiter zugehen.

TelefonSeelsorge erinnert am Welttag der Suizidprävention an ihre Wurzeln

Suizide verhindern bleibt zentrales Anliegen

Die TelefonSeelsorge nimmt den Welttag der Suizidprävention zum Anlass, um auf die Bedeutung ihres deutschlandweiten Unterstützungsangebots bei seelischen Krisen hinzuweisen. Suizide nach Möglichkeit zu verhindern war weltweit das zentrale Anliegen bei der Gründung telefonischer Krisen-Anlaufstellen, auch bei der Gründung in Deutschland vor 65 Jahren.

Wortbrücke von Achim Ripperger

„Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an“ – diesen Anzeigentext hat ein englischer Pfarrer nach dem zweiten Weltkrieg in die Zeitung gesetzt haben zusammen mit seiner privaten Telefonnummer. Die Geschichte zeigt, worum es ging und geht: Menschen ein Angebot zu machen, die sich in einer aus ihrer Sicht ausweglosen und verzweifelten Lage befinden.

„Suizidprävention ist und bleibt unser Kernanliegen“, erklärt Michael Hillenkamp, einer der beiden Vorsitzenden des Leitungsgremiums der TelefonSeelsorge. „Sie ist ein Hauptgrund dafür, dass wir unseren Dienst rund um die Uhr anbieten und sie ist zentrales Thema bei der Ausbildung unserer ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater.“

Das statistische Bundesamt weist für 2019 (neuere Zahlen liegen noch nicht vor) die weltweite Suizidrate mit über 700.000 Opfern aus. In Deutschland lag die Zahl bei über 9.000 Menschen. Das seien rund dreimal mehr als durch Verkehrsunfälle Gestorbene.

„Nicht jeder Anruf, den wir bekommen, handelt von Suizid“, sagt Michael Hillenkamp. „Aber jeder Mensch, der keinen anderen Ausweg sieht, als sich das Leben zu nehmen, ist einer zuviel. Dabei muss man wissen: Niemand bringt sich gerne um – Suizid ist die subjektive, von Verzweiflung geprägte Überzeugung, dass es keinen anderen Weg mehr gibt.“

Die TelefonSeelsorge bietet neben ihren rund um die Uhr besetzten Telefonnummern auch Beratung per Chat und Mail an. „Gerade hier und damit vor allem von unseren jüngeren Kontaktpersonen wird das Thema Suizidalität weitaus häufiger angesprochen als am Telefon. Das macht die Chat- und Mail-Beratung zu einer besonderen Herausforderung“, erläutert Birgit Knatz, Leiterin der TelefonSeelsorge-Stelle Hagen-Mark. Sie hat die Online-Dienste der TelefonSeelsorge mit aufgebaut. Die Herausforderung sei es, in einer solchen Notlage das Gegenüber überhaupt zu erreichen und soweit zu stabilisieren, dass Alternativen wieder denkbar werden. „Genau dafür sind unsere Ehrenamtlichen ausgebildet“, so Michael Hillenkamp.

„Wir haben natürlich keine Zahlen darüber, wie vielen Menschen wir in einer suizidalen Krise wirklich helfen konnten“, sagt Birgit Knatz. „Aber wir glauben, dass wir einen wichtigen Beitrag zur Suizidprävention leisten.“

TelefonsSeelsorge Deutschland

Ressourcen entdecken – bei mir und anderen

 

Ressourcen spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung von alltäglichen und besonderen Anforderungen bzw. Lebensaufgaben. Die Ehrenamtlichen der TSOW haben sich einen Samstag lang zu diesem Thema fortgebildet.

Am Anfang stand die Frage: Was sind eigentlich Ressourcen?

Letztlich alles was von einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation wertgeschätzt und/oder als hilfreich erlebt wird, kann als eine Ressource betrachtet werden“, gab Uwe Michalak, Referent des Fortbildungstages eine Definition.

In seinem Eingangsimpuls erläuterte Michalak Grundannahmen einer ressourcenorientierten Haltung:

  • Jede*r Anrufer*in verfügt über Ressourcen, um Herausforderungen zu bewältigen.
  • Ressourcen sind subjektive und kontextbezogene Herstellungsleistungen.
  • Ressourcen sind mit Unterstützung wiederbelebbar, konstruierbar, aktivierbar.
  • Ressourcenorientierung geht mit dem Generieren von Selbstwirksamkeitserfahrungen
  • Ressourcen sind Werkzeuge.

Mit Hilfe von Praxisdemonstrationen, Übungen und Kleingruppenarbeit wurde das Thema vertieft. Dabei konnten die Ehrenamtlichen ihre eigenen Kraftquellen besser kennenlernen. Weiter wurde ein auf Ressourcen gerichteter Blickwinkel für die Gespräche am Telefon eingeübt.

„Ein rundum gelungener Tag, der meinen Blick für die Kraftquellen und Stärken gestärkt hat.“ „Es hat gut getan, nicht nur auf Probleme zu schauen, sondern Kompetenzen und Fähigkeiten in den Blick zu nehmen“, äußerten sich TeilnehmerInnen am Ende der Fortbildung zufrieden.